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Profilfach Kunst: Die Kunst des Lebens - XXL - Telomere
Die Kunst des Lebens - XXL - Telomere
Programmiere deinen epigenetischen Code
Ist eine gesunde Lebensweise Kunst?
Damit haben sich die Schülerinnen und Schüler des Kunstprofilfaches der Klasse 9, an der Ludwig-Uhland-Schule in Wendlingen beschäftigt.
Nach einem Vortrag, der Lehrerin Frau Engin über Epigenetik, fand ein reger Austausch im Unterrichtsgespräch statt.
Können wir unsere Gene selber beeinflussen? Kurzgesagt, ja.
Wie alle Lebewesen sind wir den Umwelteinflüssen ausgesetzt. Manches können wir beeinflussen, manches nicht. Um es zu verdeutlichen, bei männlichen oder weiblichen Reptilien bestimmt die Temperatur das Geschlecht. Werden die Eier bei ca. 30°C gewärmt, enstehen Weibchen. Bei ca. 34°C schlüpfen Männchen.
Ebenso ist es bei Bienenlarven. Alle Larven sind zu Beginn gleich, erst durch die Zugabe von Gelee Rojal wird eine Larve zur Bienenkönigin, mit einem viel größeren Körper und einer anderen Lebensaufgabe. Hier entscheidet allein die Nahrung über das ganze Leben dieser Biene.
Dies trifft auch für Säugetriere zu. Gelbe Agouti-Mäuse haben ein schwere Erbe: Sie besitzen ein Gen, das ihr Fell blassgelb statt dunkelbraun färbt, das Sättigungszentrum hemmt und sie anfällig für Krebs und Diabetes macht. Sie sind also gelb, fett und kränkeln. Durch ein Experiment des US-Krebsforschers Randy Jirtle, University of Wisconsin-Madison, wurden sie vor einigen Jahren schlagartig berühmt. Er verabreichte trächtigen Weibchen ein Spezialfutter, dem großzügige Portionen an Nahrungsergänzungsmitteln beigemischt waren, unter anderem Folsäure, Vitamin B12und Cholin. Das wirkte sich auf die Nachkommen aus: Sie hatten zum großen Teil dunkles Fell, waren schlank und blieben gesund. Die Jungtiere derjenigen Mäuse, die normales Futter erhalten hatten, waren dagegen wie ihre Mütter gelb, dick und krankheitsanfällig.
Das Experiment belegt eindrucksvoll die Bedeutung der Epigenetik für den Menschen. Dieses Teilgebiet der Genetik erforscht molekulare Strukturen, die sich auf oder in der Nähe von Genen befinden. Sie liegen als zweiter Code über dem Genom und programmieren es in Abhängigkeit von Umweltreizen: „Epigenetische Strukturen wirken wie Schalter, die Gene an- oder abstellen“.
Während der vergangenen 15 Jahre haben viele Studien Verbindungen zwischen bestimmten Nährstoffen und epigenetischen Änderungen nachgewiesen. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Menschen, die einer Hungersnot ausgesetzt waren, später im Leben ein größeres Risiko für metabolische und kardiovaskuläre Krankheiten, Fettleibigkeit und eine höhere Sterblichkeit haben. Das betraf auch deren Kinder und Enkelkinder, und dieser Effekt wurde ebenfalls an Mäusen und Ratten belegt.
Anders als man lange Zeit glaubte, sind es nicht allein die Gene, die unsere Eigenschaften bestimmen. Tatsächlich sind wir alle stark von dem beeinflusst, was uns umgibt, also den Erfahrungen, die wir machen, der Nahrung, die wir aufnehmen, der Luft, die wir atmen, den Gefühlen, die wir empfinden. All diese Faktoren können chemische Veränderungen an unserer DNA hervorrufen, die vererbbar sind: so genannte Methylierungen.
Deswegen solltet Ihr mehr Brokkoli essen und grünen Tee trinken, wegen der darin enthaltenen Polyphenole und Sulforophane. Diese Substanzen, »Methylgeber« genannt, sind dafür bekannt, dass sie direkt am Epigenom ansetzen. Es ist natürlich nicht neu, dass Gemüse gesund ist, aber vielleicht seht ihr Gemüse nun mit anderen Augen.
Ihr könnt also nicht nur Krankheiten umgehen, sondern auch länger Leben. Dafür sind unsere Telomere zuständig, die sich im Zellkern befinden.
Eine mögliche Antwort darauf gibt die Nobelpreisträgerin für Medizin, Prof. Elizabeth Blackburn. In ihrem Buch „Die Entschlüsselung des Alterns – Der Telomer-Effekt“ beschreibt sie eindrucksvoll den Einfluss von Meditation und Ernährung auf unsere Telomere. Telomere sind die „Schutzkappen“ unserer Chromosomen, vergleichbar mit den harten Enden eines Schnürsenkels. Jedes Mal, wenn die Zelle sich teilt, verkürzen sich dabei auch die Telomere. Wenn sie zu kurz werden, können sie ihre Schutzfunktion nicht mehr ausüben. Die Zelle stirbt ab, wir altern.
Jeder von uns kommt mit einer bestimmten Telomer-Länge auf die Welt. Genetische, aber auch epigenetische Aspekte spielen hier eine Rolle. Das heißt nicht, dass wir uns mit genetisch bedingten kurzen Telomeren abfinden müssen. Denn wie schnell sich die Telomere abnutzen, entscheidet vor allem unser Lebensstil. Elizabeth Blackburn konnte eine Reihe von Einflussfaktoren identifizieren, die die Geschwindigkeit der „Abnutzung“ steuern können. Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Thema Stress. Stress wirkt sich verkürzend auf unsere Telomere aus. Dass Meditation hier einen entscheidenden Einfluss hat, liegt auf der Hand.
Keine Sorge, falls ihr bisher nicht so Bewusst gelebt hat, ihr seid nicht verloren. Ihr könnt eure Telomerlänge durch bestimmten Faktoren auch verlängern.
Esst mehr Telomer-freundliche Nahrung und treibt Sport.
Zu Telomer-freundliche Lebensmittel zählen: Ballaststoffe (Vollkorn), Nüsse, Hülsenfrüchte, Meeresalgen, Omega-3-haltiger Fisch, Antioxidantien aus Obst und Gemüse, Grüner Tee, Kaffee (in Maßen), Kakao, Vitamin D, B-Vitamine und Fastenphasen (z.B. Intervall-Fasten, Pausen).
Telomer-feindliche Lebensmittel: Rotes Fleisch, Wurstprodukte, Zuckerhaltiges, Omega-6 Fettsäuren (Schweinefleisch, Weichkäse), Weißbrot, Fertigprodukte und hoher Alkoholkonsum.
Wie sich Sport auf die Telomere auswirkt, haben die Mediziner vom Universitätsklinikum des Saarlandes untersucht. In der Aortenwand und weißen Blutkörperchen von Mäusen, die sich in einem Laufrad austoben konnten, fanden sie mehr Telomerproteine als bei Artgenossen, in deren Käfigen kein Laufrad hing.
Die Bedeutung körperlicher Betätigung konnte in Tests an menschlichen Sportlern bestätigt werden, darunter auch an Mitgliedern der deutschen Leichtathletik-Nationalmannschaft. Deren weiße Blutkörperchen wiesen eine höhere Telomeraseaktivität und mehr Telomerproteine auf als solche von gesunden, nicht rauchenden Sportmuffeln.
Diese Sportarten verlängern unser Leben massiv:
Tennis um 9,7 Jahre, Badminton um 6,2 Jahre, Fußball um 4,7 Jahre, Fahrrad fahren um 3,7 Jahre, Schwimmen um 3,4 Jahre und Joggen um 3,2 Jahre.
Im Anschluss an die Diskussion über Epigenetik und Telomere, gingen die Schülerinnen und Schüler, sehr kreativ ans Werk. Es entstanden plastische Kunstwerke zu diesem Themenbereich.
Bestaunen können sie die Werke von dem 21.06.23 bis zu dem 23.07.2023, in der Galerie der Stadt Wendlingen.